36I22 Cascade, Idaho/USA. Die letzten Texte entstehen in Idaho am "Cascade Lake" auf dem Weg zum Yellowstone Park. Die Zeit rast! In über vier Monaten haben wir 22.000 km zurückgelegt. Wir fühlen den Herbst nahen, noch ist es warm und die Sonne scheint (endlich). Unser Sommer in Alaska war verregnet und kühl. Doch unseren nördlichsten Punkt der Reise, Prudoe Bay erreichen wir stolz, trotz kritischer Wetterlage. Mit der Fähre von Haines nach Prince Ruppert "fliehen" wir durch die einmalig schöne Inland Passage in den Süden. Der Wald lichtet sich, kurz vor Vancouver beginnen das Gelb der verdorrten Wiesen und die rotbraunen Felsformation die Landschaft zunehmend zu prägen. Auf Vancouver Island tauchen wir in die dunkelgrünen, vermoosten Regenwälder ein und schwimmen in den glasklaren Seen. Wir erfreuen uns täglich am Reisen.
12.07.-08.09. 2022 Fort Nelson_Watson Lake_Whitehorse_Dawson City_Tok_Fairbanks_Livengood_Arctic Circle_Coldfoot_ Deadhorse_Coldfoot_ Fairbanks_Denali N.P._Seward_Whittier_Valdez_Tok_Haines_Inside Passage_Prince Rupert_New Hazelton_Barkerville_Clinton_Vancouver-Vancouver Island_Port Angeles_Cannon Beach_Lewiston_Cascade
Km 10.185 - Km 22.768
Seit Dawson Creek folgen wir dem Alaska Highway. Zuerst eine breite gut ausgebaute, oft vierspurige "Autobahn" wird er nach Fort Nelson plötzlich schmal , überraschenderweise sogar kurvig und führt für mehrere Stunden durch eine beeindruckende Berg- und Seenlandschaft (u.a. passieren wir den tiefblaue Muncho Lake). Auf die Hot Springs in Liard River freuen wir uns besonders: aber Heerscharen an Moskitos attackieren uns selbst im heißen Quellwasser des naturbelassenen Teichs, sodass wir das heiße Wasser nur mit Moskitonetzen genießen können. Wir flüchten in Richtung Watson Lake, sind erstaunt über die vielen Motelruinen am Straßenrand und finden abends nach langem Suchen einen Platz für mein Nummernschild NT-GS 120 im "Sign Post Forest" zwischen den ca. 70.000 Schildern. Es regnet (mal wieder) und die Moskitos stechen (noch immer), als ich Brigitte morgens zum Geburtstag gratuliere. Als "Geburtstagsüberraschung" gönnen wir uns in Whitehorse 2 Nächte ein AirnB , das wir nach einer sehr unspektakulären, aber langen Anfahrt spätabends erreichen. Wie immer- wenn wir an einem Ort länger verweilen, beschäftigen uns notwendige Aufgaben wie: Wäsche zu erledigen, besondere Einkäufe zu tätigen oder Routen zu planen oft den ganzen Tag. Da auch die Wettervorhersagen nicht sehr vielversprechend sind, beschließen wir, die ca. 530 km auf dem Klondike Highway nach Dawson City in einem Rutsch durchzufahren. Wir ahnen nicht, dass uns unterwegs zwei Baustellen zu langen Wartezeiten und teils prekären Sanddurchfahren und damit zu einer späten Ankunft in Dawson City zwingen würden. Wir sind nördlich genug und so ist auch die Nacht (fast) taghell. Zufällig landen wir im "Downtown Hotel" und ich verschlucke glücklicherweise den schrumpeligen Zeh in Tequilla nicht, was unsere Reisekasse ansonsten mit 2.500 kanadische Dollar belastet hätte. Zum krönenden Abschluss bewundern wir noch die schlanken "Goldrush Girls" der "Diamond Tooth Gertittie Show im Casino. Eher ernüchternd durchwandern wir bei Regen das vielgerühmte Dawson City. Covid hat auch hier deutliche Spuren hinterlassen: (zu)viele Restaurants und Geschäfte sind "closed" und selbst das berühmte Musikfestival wurde gestrichen. Über den "Top of the World Highway", mit 1.345 Hm als höchsten Punkt, fahren wir auf guter Schotterstraße und spektakulären Aussichten nach Alaska ein, überqueren dabei erstmalig die amerikanische Grenze und aktivieren somit unser B-2 Visum. In 6 Monaten müssen wir in Mexico sein. Der Grenzübergang verläuft schnell und nüchtern: Fingerabdrücke, Gesichtsbild, Stempel in Pass und gute Reise gewünscht. Was hatten wir uns im Vorfeld als Szenarien alles (umsonst) überlegt! In Tok erwartet uns der "Thompson´s Eagle Claw Motorcycle Park" von Vanessa, die ihren Märchenwald auf Permafrostboden Motorradfahrern zum Campen zur Verfügung stellt. Der Regen trommelt aufs Zeltdach, auch in Alaska bleibt uns das schlechte Wetter treu. Im Visitorcenter von Tok planen wir mit Wifi unter Berücksichtigung der Großwetterlage unsere Tour nach Deadhorse. Auf dem Weg nach Fairbanks endet in Delta Junction nach 1442 Meilen der Alaska Highway. In North Pole landen alle Briefe, die weltweit ans Christkind oder den Nikolaus geschrieben werden. Und in Fairbanks sortieren wir im Baumhaus von Sven´s Basecamp alles nicht Notwendige aus unserem Gepäck für die Fahrt nach Prudoe Bay aus. Noch 700 km bis zu unserem nördlichsten Zwischenziel: Deadhorse.
Der Dalton Highway (Baubeginn 1996), größtenteils auf eisigem Permafrost errichtet, ist eine der nördlichsten und isoliertesten Straßen der Welt. Ursprünglich von der "Alyeska Pipeline Service Company" gebaut, um die Entwicklung der Trans-Alaska-Pipeline zu unterstützen und die Ölfelder an Alaskas North Slope zu versorgen, ist er heute im Besitz des Bundesstaats Alaska. Er verläuft über 666 km von Livengood nach Deadhorse an der Küste des Arktischen Ozeans. Zu Beginn prägen boreale Wälder, nach dem 1,444 m hohen Atigun-Pass in der Brooks Mountain Range arktische Küstenebenen-Tundra das Landschaftsbild. Bis heute dient der Dalton Highway als Hauptversorgungsroute für die Ölfelder von Prudhoe Bay. Einzukalkulieren sind Risiken, wie z.B. riesige Schlaglöcher, eingeschränkte Sicht durch Staub oder Schmodder auf den Schotterstraßen oder sich plötzlich ändernde, teils extreme arktische Wetterlagen und damit auch die Straßenzustände.
Die Großwetterlage weist ein Fenster von 2 sonnigeren Tagen auf, die wir zur Fahrt nach Deadhorse nutzen wollen. Danach wird ein großflächiges Regengebiet erwartet. Unter welchen, eventuell widrigen Umständen wir zurückkommen, bleibt bei unserer Abfahrt offen...
Tag 1 Samstag, 23. Juli 2022, 8:30 Uhr. Wir fahren ca. 120 km Teerstraße zu dem Dorf Livengood, wo der Dalton Highway, auch Haul Road genannt, offiziell mit Schotter beginnt. Wir können Gepäck in bei Sven´s Basecamp zurücklassen und daher sind unsere Motorräder deutlich leichter. Da es die letzten Tage stark geregnet hat, ist der Himmel über uns zwar ungewohnt blau, aber die Straße präsentieren sich teilweise sehr feucht und stellenweise auch anspruchsvoll rutschig. Wir fahren konzentriert, was die teils riesigen Schlaglöcher von uns auch fordern. Es herrscht zu unserer Verwunderung sehr wenig Verkehr, wir haben deutlich mehr Truckverkehr erwartet. Zuerst fahren wir, wie schon tausende Kilometer zuvor, durch leicht hügeliges Waldgebiet. Nach der Überquerung des Yukons (Yukon Crossing) erreichen wir Koyukuk, die einzige Tankstelle vor Coldfoot, das ungefähr die Hälfte der Stecke markieren wird. Wir wundern uns über den orangen farbigen Wald in der Ferne und erkennen erst beim Näherkommen großflächig abgebrannte Waldflächen. Die Waldflächen werden lichter, hügelige Tundraflächen bestimmen zunehmend mehr das Landschaftsbild. Straßenarbeiter "verbessern" die Oberflächenqualität, in dem sie dicke Kieselschichten auftragen, die wir, leicht angespannt, erfolgreich durchqueren. Gegen 16:00 Uhr stehen wir vor dem Hinweisschild zum "Arctic Circle", alleine, nur Massen an "Black Flies" leisten uns Gesellschaft. Und nach weiteren, überwiegend kerzengeraden 60 km, dann wieder im dichteren Wald, erreichen wir Coldfoot. Die Motoräder werden betankt und unser Appetit beim Abendbuffet gestillt. Im ca. 8 km entfernten Marion Creek Campground schlagen wir unser Zelt auf. Die Wettervorhersage für den nächsten Tag ist weiterhin gut. Der Hinweis eines Truckfahrers auf rutschige Straßenverhältnisse in Richtung Deadhorse beschäftigt uns mehr als der Schwarzbär, der in unserer Umgebung sein Unwesen treiben soll.
Tag 2 Sonntag, 24. Juli 2022, 9:00 Uhr. "My pledge for today is not to be hurt", diesen Satz lesen und beherzigen wir beim Frühstück in Coldfoot. Zuerst ca. 50 km Teerstraße, dann folgt die Schotterstaße einem Flussbett und zunehmend höheren, bewaldeten Bergen, bevor sie sich kontinuierlich in die Höhe windet. Tiefer Matsch begleitet uns bis auf den 1.444 m hohen Atigun Pass, dem höchsten Pass Alaskas. Wir durchqueren die "Brooks Mountain Range", bevor sich die Straße in der Weite der Tundra verliert. Immer wieder begleitet uns dabei die auf Stelzen geführten Rohrleitung der Trans-Alaska-Pipeline. Mitten in dieser Einsamkeit beginnt eine ca. 30 km lange Baustelle, durch die wir bei teils sehr anspruchsvollem Untergrund durch ein Pilotfahrzeug geleitet werden. Der Truckverkehr hat wegen der Baustelle stark zugenommen und zwingt uns mehrmals zum Anhalten, da der Matsch der entgegenkommenden Fahrzeuge uns einschließlich unserer Visiere völlig "einsaut". Der Horizont dehnt sich endlos vor der geraden, zwischenzeitlich eher eintönigen Straße, auch die flache, grüne Tundra Landschaft hat wenig zu bieten außer einer Herde von Moschusochsen und einigen bunten Felsformationen in weiter Ferne. Abrupt endet die Schotterstraße und auf feinstem Asphalt rollen wir die letzten 75 km nach Deadhorse, wo der Asphalt ebenso abrupt im Matsch endet. Vor uns stehen 5 Karibus mit mächtigen Geweihen, die friedlich am Rande des Lake Colleen grasen. Gegen 18:00 Uhr checken wir im Hotel Aurora ein und essen uns am umfangreichen Buffet verdientermaßen richtig satt.
Tag 3 Montag, 25.Juli 2022, 6:15 Uhr, draußen prasselt der Regen. Nach dem Frühstück rutschen wir im tiefen Matsch und Nebel zur Tankstelle. Hektisch versuchen wir, unsere Kreditkarten zu aktivieren. Irgendwann, warum auch immer, rinnt der "Saft" in unsere Tanks und die Ersatzkanister, deren Benzin wir gestern auf den letzten Kilometern bei Brigittes Motorrad noch einfüllen mussten. Fast blind arbeiten wir uns durch den Matsch zum Store und kaufen alle vorrätigen Sticker, zum Sortieren bleibt uns keine Zeit. Ein schnelles Bild vor dem verrosteten Schild mit den Aufschriften "Welcome to Deadhorse" und "End of the Dalton Highway" mit dem auf dem Rückend liegenden Pferd- das Bild, das jeder (Motorradfahrer) schießen muss, der den langen Weg nach Deadhorse "überlebt" hat. Wir sind spät dran, die gebuchte Tour zum Arctic Ocean beginnt in wenigen Minuten. In einem Shuttlebus werden 15 Touristen durch das nebelverhangene Deadhorse gekarrt, die Gebäude, Bohrtürme und Ölförderstätten sind dabei nur schemenhaft zu erkennen. Hartgesottene springen bei kaltem und heftigem Wind in das eiskalte Wasser des Arctic Ocean. Uns reicht der Finger, um den nördlichsten Punkt zu markieren. Mit einer Urkunde im Gepäck treten wir mit gemischten Gefühlen die Heimfahrt an: wie wird sich das Wetter und damit auch die Straßenverhältnisse entwickeln? Fast gegen Ende der Asphaltstraße lichtet sich der Nebel. Der starke Wind hat die Schotterstraße erstaunlicherweise so intensiv trocken geblasen, dass wir regelrecht darüber brettern können. Auch die Baustelle hat ihren Schrecken verloren und wir genießen das näherkommende wunderschöne Panorama der Brook Range in vollen Zügen. Ich zwar ein wenig unscharf, denn irgendwo unterwegs habe ich meine Motorradbrille verloren. Die Rückfahrt ist landschaftlich vor allem wegen des näher rückenden Gebirgszugs am Horizont deutlich reizvoller und in Verbindung mit den guten Straßenverhältnissen unglaublich schön. Die für heute ursprünglich angekündigte Regenfront erwischt uns dann aber doch noch: als wir in unser Zelt im Marion Creek Campground kriechen, fängt es heftig an zu regnen.
Tag 4 Dienstag, 26. Juli 2022. Die ganze Nacht über prasselt der Regen pausenlos auf unser Zelt. Wir checken unsere Lebensmittel und Flüssigkeiten und beschließen, den Regen für einen Tag im Zelt zu auszusitzen. Strom für Brigittes Handy und mein Kindle sollten ausreichen. Den ganzen Tag und auch die darauffolgende Nacht regnet es ohne Unterlass und der Wind nimmt deutlich zu. Gut, dass wir uns als Zelt für einen "Geodät" entschieden haben.
Tag 5 Mittwoch 27.Juli 2022 Das Unwetter der Nacht mit heftigem Sturm und starkem Regen hat sich verzogen. Schnell packen wir das tropfnasse Zelt und unser Gepäck ein. In Coldfoot tanken wir und laben uns nach der kargen Kost des vergangenen Tages am umfangreichen Frühstücksbuffet. Als wir den "Beaver Slide", einen steilen, sehr rutschigen Hang überwunden haben, sind wir trotz ständigem Nieselregens guter Dinge, unsere Reise zur Prudoe Bay erfolgreich beenden zu können. In Koyukuk tanken wir erneut, belohnen uns nochmals mit einem "Chicken Sandwich" und als wir den Yukon überqueren, erblicken wir am Horizont die ersten blauen Flecken zwischen der grauen Wolkendecke. Bei unserem "Abschiedsbild" am Ende des Dalton Highways knallt die Sonne heiß vom Himmel. Nach weiteren 120 km asphaltierter Highway stellen wir unser Zelt in Sven´s Basecamp in Fairbanks (auch zum Trocknen) auf. Wir sind stolz, glücklich aber auch ausgelaugt. Mit Prudoe Bay haben wir ein erstes Zwischenziel, den nördlichsten Punkt unserer Reise, ohne technische Probleme oder Unfall bewältigt. Von jetzt an fahren wir gen Süden. Erst Tage später feiern wir unseren Erfolg so richtig und genießen den kalifornischen Wein mit dem passenden Namen "Dark Horse" , den wir seit Fairbanks im Gepäck mitschleppen.
Von Permafrost wird gesprochen, wenn die Temperatur des Bodens in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren unter null Grad Celsius liegt. Er kommt sowohl in arktischen und antarktischen Regionen als auch weltweit in Hochgebirgen vor. Global ist fast ein Viertel der Landfläche Permafrostgebiet. In Permafrostböden sind gewaltige Kohlenstoffvorräte eingelagert. Mit zunehmender Klimaerwärmung wird eine verstärkte Freisetzung von Treibhausgasen (Methan, Kohlendioxid) aus diesen Speichern erfolgen. Tauender Permafrost beeinflusst auch die an der Erdoberfläche wachsende Vegetation. Waldbrände und Insektenbefall werden zunehmen. Für viele flache Gewässer, Moore und Sumpfgebiete erhöht sich das Risiko auszutrocknen. Die Infrastruktur (u.a. Gebäudewirtschaft, Verkehrswesen) leidet monetär spürbar unter den tauenden Böden.
Ab Freitag, 29.07.2022. Wir verlassen Fairbanks bei Sonnenschein und freuen uns auf den Denali National Park. Wieder tauchen wir im hügeligen Wald unter, hin und wieder blitzt der wolkenverhangene Gipfel des höchsten Berges von Nordamerika, des majestätischen Denali (6.190 m) auf. Wir sind nach wie vor in der Urlaubssaison unterwegs. Doch das Buchen unseres Zeltplatz im Riley Creek Nationalcampground oberhalb des rauschenden Teklanika Flusses und der Bustour in den Park ist völlig unproblematisch. Wieder ist Regen angekündigt. Bis Meile 43 transportiert uns der grüne East Fork Transitbus in den für private Fahrzeuge gesperrten Park. Von der mitteilsamen Busfahrerin hören wir viel Informatives über den naturbelassenen Umgang und der Tierwelt dieses riesigen Nationalparks. Unterwegs sichten wir Karibus, später bei einer Wanderung auch einen großen, hellen Grizzly. Hell? Weil er sich überwiegend vegetarisch ernährt, während seine dunklen Artgenossen eher Fleisch, d.h. unter anderem Lachs verspeisen. Der Himmel zieht sich zu, trotzdem ist die Kulisse des teils schneebedeckten Gebirgszugs am Horizont sowie die riesigen, in allen Farben schimmernden Flussbetten faszinierend. Während eines Zwischenhochs erkunden wir zu Fuss den "Savage Alpine Trail", doch Nieselregen und tiefe Wolken, sowie eine Durchschnittstemperatur von 13° C verderben uns zusehends die gute Laune. Wir wollen raus aus Alaska, in den Süden, in die Wärme. Wieder entdecken wir einen Sonnentag und beschließen, knapp 600 km nach Seward zu rasen. Dabei passieren wir die Zufahrt zum "Denali Highway", den wir so gerne gefahren wären. Aber der ständigen Regen zwingt uns nicht nur zu dieser Planänderung. "Kenai Fjords Tours" transportiert uns in einer 6-stündigen Bootstour zum "Holgate Glacier". Unterwegs sichten wir nicht nur eine traumhafte Landschaft, sondern auch Buckelwale, Seerobben, Tümmler und Seeotter. Ein einspuriger, dunkler Tunnel mit Bahngleisen ist die einzige Zufahrt nach Whittier. Tatsächlich bekommen wir einen Platz auf der Fähre nach Valdez. Was für ein Glück: unterwegs reißt der wolkenverhangene Himmel auf und mehrere Stunden lassen wir uns von der Sonne innerlich und äußerlich erwärmen und genießen die wunderschöne Bootsfahrt entlang der herrlichen Insel- und Bergwelt. Im eisfreien Hafen von Valdez endet die 1.287 km lange Pipeline von Prudoe Bay. Valdez ist auch bekannt durch das Schiffsunglück vom März 1989, bei dem der Supertanker Exxon Valdez auf ein Riff auflief und sich 41 Mio. Liter Rohöl in den Prince William Sound ergossen. Weiterhin ist Valdez pittoresk von Gletschern und schneebedeckten Bergen umgeben, die sich uns jedoch nur nebelverhangen und regnerisch präsentieren. Also weiter... Wäre da nicht die Batterie der 1250 GS, die urplötzlich ihren Geist aufgibt. Im 440 km entfernten Tok bestellen wir eine Ersatzbatterie. Unterwegs springt der Motor anstandslos an. Doch wir bauen die neue Batterie ein und flüchten, von ständigem Regen begleitet, weiter in den Süden. In Haines, so hoffen wir, finden unsere Motorräder noch Platz auf der Fähre der "Alaska Marine Highway", die nur zweimal im Monat nach Prince Rupert fährt.
Der Cariboo Gold Rush fand zwischen ca. 1861 und 1867 in der abgelegenen, isolierten Region der Cariboo Mountains statt. Er begann, als Prospektoren, die vom Fraser River Gold Rush angezogen wurden, Gold am Horsefly River entdeckten. Billy Barker war einer der ersten erfolgreichen Goldsucher im Cariboo-Gebiet und so entstanden neue Orte wie das nach ihm benannte Barkerville.
Bereits 1864, ein Jahr nach seiner Entstehung, weist es feste Häuser und ein Krankenhaus auf. Barkerville schrumpfte nach dem Ende der Goldfunde durch den Zuzug von Chinesen zunächst langsam, doch um 1900 glich die Ansiedlung einer Geisterstadt. 1958 beschloss die Regierung, die Goldgräberstadt wieder aufzubauen und ein Forschungsprojekt daraus zu entwickeln, aus dem detailgenaue Rekonstruktionen erwachsen sind. Heute ist Barkerville ein Freilichtmuseum.
Ab Donnerstag 11. August 2022: Wir können Teilstrecken auf der Fähre von Haines nach Prince Ruperet buchen, dazwischen stehen wir auf der Warteliste. Sehr optimistisch beobachten wir entlang des "Chilkoot Rivers" braune Grizzleys mit Nachwuchs, Weißkopfadler und die springenden Lachse sowie die erwartungsvollen Angler. Unserer Motorräder sind zwischenzeitlich komplett eingebucht, wir gönnen uns eine Kabine für die 2-tägige Fahrt entlang der Inside Passage. In Wrangell frühstücken wir, Juneau und Sitka wurden in der Nacht angefahren. Wieder erwartet uns ein nebelverhangener Tag. Doch trotz überwiegend unterschiedlicher Grautöne, die diesen Tag bestimmen, fasziniert die Schiffspassage durch diese bizarre Inselwelt. Abwechslung bietet auch die ständige (fast ergebnislose) Ausschau nach Meerestieren. Am Tag 2 der Schiffsreise lichtet sich der Nebel und die üppig mit Regenwald bewachsenen Inseln und Ufer des Festlandes präsentieren sich in völlig neuem Licht. Selbst die Orcas haben ein Einsehen und wir erhaschen in ausreichender Entfernung einen schnellen Blick auf diese raren Wale. Kurz vor Mitternacht erreichen wir Prince Rupert. Wir sind wieder in Kanada und deutlich südlicher. Es regnet, als wir uns auf die Reise nach Prince George und anschließend nach Vancouver aufmachen. Doch bald kommt die Sonne raus, es ist heiß, als wir in New Hazelton die teils farbigen "Totem Poles" der "Gitxsan First Nation" im Historical Village bewundern. Auf der Weiterfahrt besuchen wir den "Babine Lake", wo die knallroten Blaurückenlachse ihren Laich teilweise in künstliche Becken ablegen sollen. Doch Mitte August sind wir zu früh: statt Unmengen an Lachslaibern entdecken wir nur einige Dutzend Exemplare dieser beeindruckenden Fische. Die ehemaligen Goldgräberstadt Barkerville war wegen der Goldfunde im Zuge des "Cariboo Goldrush" um 1865 kurze Zeit die größte Stadt im Westen Kanadas. 1958 übernahm die Provinz British Columbia das Dorf und entwickelte daraus an der originalen Stelle eine authentisch restaurierte und teils mit zeitgenössisch gekleideten "Bewohnern" versehene "Historic Western Town" mit ca. 170 Gebäuden, darunter 107 aus dem 19. Jahrhundert. Wir tauchen in die Goldgräbervergangenheit ein, mieten uns ins "Saint George Hotel" von 1896 ein und verfolgen einen Tag lang interessiert den vielfältigen Vorträgen über das meist sehr harte, entbehrungsreiche und kurze Leben der damaligen Goldgräber (durchschnittliche Lebenserwartung 32 Jahre) sowie über die Geschichte von Barkersville. Die besten Spareribs essen wir auf unserem Campground in Clinton. Nach einer kurzen Offroad Etappe finden wir uns in einer völlig anderen Landschaft wieder: braungelbes Gras, felsige Berge, tiefe Täler mit reißenden, grauen Flüssen bestimmen plötzlich das Landschaftsbild. Nach Lillooet windet sich die Highway 99 kurvenreich auf 1.200 m zum Mount Currie hinauf, bevor wir mit dem ehemaligen Olympiaort Whistler und anschließend Squamish in die Naherholungsgebiete Vancouvers eintauchen und unerwartet im Stau stehen. Doch der Blick auf das spiegelnde Meer und die im Gegenlicht bläulich schimmernde Bergkulisse der "Pacific Ranges" entschädigen für dieses ungewohnte Verkehrsaufkommen. Wenig später empfangen uns mein Cousin Christian, seine Frau Azadeh und Tochter Mia mit Hund Sky sehr herzlich in ihrem Haus in West Vancouver. Neue "Reiseaufgaben" müssen dringend erledigt werden: u.a. Frisör- und Chiropraktikertermine wahrnehmen, Brille besorgen, Reiseepisode 07 weiter schreiben, Service einschließlich Reifenwechsel für unsere BMW Motorräder durchführen, die Weiterreise nach Vancouver Island organisieren. Wir genießen die Zeit in einem guten Bett, lassen uns von Christians Grillkünsten verwöhnen und besuchen gemeinsam den "Capliano Suspension Bridge Park".
Alaskas Inside Passage wurde vor Millionen von Jahren von der gewaltigen Kraft massiver Gletscher geformt und erstreckt sich über 800 km entlang des Pazifischen Ozeans und bietet Fjorde voller Wildtiere, Gezeitengletscher und üppiger Insellandschaften. Nadelwald und der umfangreichste, intakte gemäßigte Regenwald der Welt bedecken den größten Teil der Inside Passage. Die Route erstreckt sich vom südöstlichen Alaska in den Vereinigten Staaten über das westliche British Columbia in Kanada bis zum nordwestlichen U.S. Bundesstaat Washington. Heute ist sie eine beliebte Route für Kreuzfahrtschiffe oder der Staatsfähren (Alaska Marine Highway, BC Ferries), die ein Netzwerk an teils abgelegenen Hafengemeinden (Skagway, Haines, Juneau, Sitka, Petersburg, Wrangell, Ketschikan, Prince Rupert, Bear Cove) anfahren, die noch heute teilweise nur über das Meer erreichbar sind.
Mit der Fähre setzen wir von Horseshoe Bay nach Vancouver Island, Nanaimo über. Vancouver Island gehört zur kanadischen Provinz British Columbia und ist mit 31.000 km² die größte Pazifikinsel Nordamerikas. Der 49. nördliche Breitengrad ist die offizielle Grenze zwischen Kanada und USA. Um sicherzustellen, dass Großbritannien ganz Vancouver Island und die südlichen Golfinseln behält, wurde im Oregon Vertrag von 1846 jedoch vereinbart, dass die Grenze um dieses Gebiet nach Süden schwenken würde. Sie ist seit Tausenden von Jahren die Heimat vieler indigener Völker. Wir besichtigen die üppig grünen Regenwälder um den "Cathedral Grove" und die Surfszenen in Tofino und Ucluelet, die "Stadt der Totempfähle". Vorbei an glitzernden Seen, in denen Brigitte auch endlich baden darf (ihr langgehegter Wunsch), kurven wir nach Gold River. In Nanaimo beherbergen und versorgen uns Brigitte und Albrecht für 2 Nächte sehr herzlich. Victoria ist die attraktive Hauptstadt British Columbias. Ihr Name erinnert an die britische Königin, die Architektur und die roten Doppeldeckerbusse an London. Die Bewohner pflegen bis heute britische Traditionen: angeblich wird der "Afternoon Tea" nirgendwo anders stilvoller zelebriert als wie in Victoria. Stilvoll ist auf jeden Fall das "Victoria Classic Boat Festival", dessen historische Boote wir vor unserer Weiterreise mit der Fähre nach Port Angeles, USA besichtigen dürfen. Am Samstag, 3. September 2022 verlassen wir Kanada nach exakt 4 Monaten, um unsere Reise in der USA fortzusetzen.
Wir: geben immer mit unseren vielen gesichteten Schwarzbären in Manitoba an. Fast 50 Bärinnen mit Nachwuchs in 3 Wochen. Da sind wir unschlagbar! Tiere sind stets ein Gesprächsthema unter Reisenden und Einheimischen: "Mein Grizzlys, meine Elche, meine Bisons...". Uns scheint die Tierwelt eher zu meiden. Stolz erzählt uns Darien von den vielen Forellen, die er täglich im "China Creek" angelt und lädt uns auf Vancouver Island bei Port Alberni zur (sehr) frühen Angeltour auf sein Boot ein. Ein herrlicher Morgen. Aber Fisch gabs keinen zum Abendessen. Gesehen haben wir fast alle Tierarten, wenn auch nur bruchstückhaft: die Wasserfontänen der Buckelwale, die Finnen der Orcas, manches Hinterteil von im Wald eintauchenden Elchen. Vereinzelte Grizzlys, Karibus, Bisons, Moschusochsen, Dickhornschafe, Weißkopfadler, Lachse in Hülle und Fülle, Seehunde, Seeotter und viele kleinere Tiere stehen auf unserer Tierliste. Aber so richtig spannend ist doch eigentlich die ständige Sucherei...
Vancouver Island: Die Täler und Berge des gemäßigten Regenwaldes beherbergen tausende Jahre alte Zedern und riesige Sitka-Fichten. Weißkopfseeadler und Schwarzbären fischen in den Flüssen nach Lachs. Grauwale, Orcas und Seeotter schwimmen in Vancouver Islands Buchten. Die hoch aufragenden gemäßigten Küstenregenwälder sind weltweit selten und bedecken weniger als 1 % der Erdoberfläche. Leider bleibt ihre Zukunft ungewiss. Mehr als drei Viertel des produktiven alten Regenwaldes auf Vancouver Island wurden bereits abgeholzt. Diese herrlichen Wälder sind der Schlüssel zur Eindämmung des Klimawandels, da sie mehr atmosphärischen Kohlenstoff pro Hektar speichern als fast jeder andere Wald auf der Erde, aber nur ein Bruchteil dieser unersetzlichen Giganten ist übrig geblieben. Derzeit gibt es einen zweijährigen Aufschub für die Abholzung der verbleibenden Urwälder. Die Bilder stammen vom "Cathedral Grove".
Wir: haben uns ca. 300 km durch den beißenden Rauch der nahen Waldbrände von Lewiston nach Cascade in Idaho durchgekämpft. Das Wetter zwang und zwingt uns immer wieder zu Planänderungen. Bei kühlen Temperaturen und strömendem Regen fahren wir entlang des pazifischen Ozeans am "Olympic Mountains National Park" vorbei, in dem wir wandern wollten. In einem Tag durchqueren wir Washington State von Nord nach Süd. Cannon Beach, Oregon, empfängt uns mit strahlend blauem Himmel und 35 Grad Celsius. Unendlich erscheinende, überwiegend abgeerntete Getreidefelder begleiten uns auf unserem weiteren Weg durch Oregon und Idaho in Richtung Yellowstone Park. Gelb ist die vorherrschende Farbe: die Landschaft löst sich im Gelb der Gras- und Getreidefelder nahezu konturlos auf. Gelborange brennt der Himmel bei Sonnenuntergang, gelbrötlich steigt der massige Mond am Horizont empor. Die Naturerlebnisse sind einmalig und weder in Bildern darstellbar noch in Worten beschreibbar. Trotzdem versuchen wir, Euch- wenn auch in großen zeitlichen Abständen- an unserer Reise teilnehmen zu lassen. Das Verarbeiten der Erlebnisse ist so intensiv, dass wir manchmal sogar unsere Medienpräsenz vernachlässigen. "Welcome to America"...
No Code Website Builder