51I22 Großhadern, Bayern (D). Weiße Sandstrände und wilde Küsten, Glitzer und Glamour, Flower-Power und New Age, Google und Apple, Golden Gate und Hollywood, Toleranz und Engagement oder Death Valley, Sequoia Nationalpark, Yosemite Nationalpark, Mono Lake, San Francisco, Highway One- das alles ist Kalifornien, aber auch: Gewalt, Obdachlosigkeit, Smog, Hitze, Brände, Dürre, Wasserknappheit. Nirgendwo spüren wir auf unserer Reise die Klimakrise intensiver als wie im "Golden State". Für 2,5 Wochen heim zur Mutter fliegen, unsere Kinder treffen, die Ausrüstung optimieren, dann ab über die Grenze und am Strand in Mexiko unter Palmen regenerieren, das ist unser Plan. Doch höhere Mächte entscheiden anders: Bluttest, PSA-Anstieg, Karzinom, OP. Bitte helft unserem Projekt "Johannes Gutenberg Schule" in Huanta, Peru. Danke!!!
20.10.-13.11.2022 Trona_Ridgecrest_Kernville_Sherman Peak_Three Rivers_Sequoia National Park_Oakhurst_Yosemite National Park_Lee Vining_Mono Lake_Sonora_Valley Springs_Rohnert Park_Jener_San Francisco_Sunnyvale_San Gregorio_Monterey_ Carmel-by-the-Sea_ Morro Bay_Santa Barbara_Manhattan Beach_Orange_Ramona_Mount Laguna_Julian_Borrego Springs_Los Angeles_Stuttgart_Deizisau_Großhadern
Km 30.961 - Km 34.130
Etwa die Hälfte der Straßen sind nach dem zweitnassesten Regenereignis in der Wüste von Death Valley seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1911 nach wie vor gesperrt hat. Hunderte von Menschen wurden teilweise mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht. Doch dank der Hinweise einer Rangerin des Visitorcenters in Furnace Creek "schmuggeln" wir uns mit unseren GS Offroad Motorrädern über Sand- und Geröllpisten weiter gen Süden nach Trona. Auf der Suche nach Gold wurden 1862 Gesteinsbrocken mit schimmernden Kristallen nahe den Panamint Bergen gefunden. Zehn Jahre später stellte sich zufällig heraus, dass es sich bei den Kristallen um Borax handelt. Der Name Trona kommt von der Californian Trona Company, welche ab 1900 zwei Fabriken zur Mineraliengewinnung und 1913 eine ca. 50 km lange Eisenbahnlinie (Trona Railway) sowie eine Firmensiedlung mit Schwimmbad und Bücherei baute. Die Automatisierung in den 1990er-Jahren führte zu einer Entlassungswelle, die Infrastruktur und das soziale Leben der Stadt zerfielen. Viele der Einwohner zogen weg, viele der verbliebenen Einwohner wurden von der Droge Crystal Meth abhängig. Uns präsentieren sich leere, zerfallene Gebäude und völlig heruntergewirtschaftete Industrieanlagen. Wir fahren viele Kilometer am Zaun des "Naval Air Weapons Station China Lake", einem Testgelände der US Navy in der westlichen Mojave-Wüste entlang nach Ridgecrest. Die Stadt wurde 1963 gegründet und ihr ständiges Wachstum wird durch die anhaltenden Bedürfnisse der High-Tech-Industrien bestimmt, die mit den Programmen der Naval Station zur Prüfung von Waffen und Leitsystemen gekoppelt sind. Das grüne, gepflegte Ridgecrest bietet hervorragende Schulen, Unis, Einkaufsmöglichkeiten und Gesundheitsversorgung und stellt somit das genaue Gegenteil von Trona dar. Wir: fahren mal wieder auf schmalen, kurvenreichen Sträßchen nach Westen in die Serra Nevada bis auf 2.300 Hm. Der "Fish Creek Campground" mitten im Wald ist ausgestorben, das Wasser wegen der zu erwartenden Minusgrade in diesen Oktobernächten abgestellt. Wir befinden uns wieder im Bärengebiet, unsere Essensvorräte "verstecken" wir auf dem Dach der Pittoilette. Totenstille, das Rufen der Eulen erhöht das unheimliche Gefühl, völlig verlassen und schutzlos der Natur ausgeliefert zu sein.
Der Sequoia National Park liegt in der südlichen Sierra Nevada östlich von Visalia, CA. Dort leben fünf der zehn größten Mammutbäume der Welt, darunter der ca. 2.500 Jahre alten "General Sherman-Tree", der volumenmäßig größte Baum der Erde. Durch die verheerenden Waldbrände 2021 sind bis zu 3600 dieser besonderen Baumriesen mit einem Umfang von mindestens 1,20 Meter zerstört oder so stark geschädigt worden, dass sie voraussichtlich in den nächsten 5 Jahren absterben. Mammutbäume sind durch ihre sehr dicke Rinde gut vor Bränden geschützt und überstehen viele Waldbrände in ihrem langen Leben. Die Hitze des Feuers hilft ihnen sogar dabei, die Zapfen zu öffnen und die darin enthaltenen Samen für neue Mammutbäume freizugeben. Durch den Klimawandel und die anhaltende Dürre nimmt die Intensität der Waldbrände extrem zu. Dieser Verlust ist über Generationen hinweg nicht zu ersetzen.
Wir: haben das erste Mal in den dicken Schlafsäcken gefroren. Das Thermometer zeigt -6°C. Unsere Tanks sind nahezu leer. Die mit Schlaglöchern übersäte Straße führt über den 2.700 m hohen Sherman Pass bis ins mit 800 Hm tiefgelegene Kernville, wo wir Benzin und Essen fassen, bevor wir wieder in die Berge düsen. Doch statt dichtem Wald durchqueren wir eine extrem trockene und hügelige Prairielandschaft mit vereinzelt grasenden schwarzen Angusstieren zwischen bizarren Baumleichen und verstreut herumliegenden runden "Hinkelsteinen". Abrupt endet die gelbe Hügellandschaft und völlig überrascht fahren wir an weitläufigen grünen und damit bewässerten Obst- und Weinplantagen vorbei. Oberhalb des Stausees "Lake Kaweah", dessen Hauptzweck der Hochwasserschutz ist, entdecken wir in Three Rivers einen kommerziellen Campground mit heißen, sauberen Duschen. Von dem netten Schweizer Pärchen Stefan und Corin werden wir "zum Bier eingeladen". Auf Schweizerdeutsch bedeutet diese Einladung: bring dein Bier mit, wir stellen die Tischplatte. Neidisch ließen wir uns den perfekt ausgebauten VW Bus vorführen, bevor wir ziemlich unterkühlt ins Zelt unter einem herrlichen Sternenhimmel kriechen. Wir legen einen Ruhetag ein und nehmen Kontakt mit BMW in Orange,CA wegen eines Servicetermins auf. Bei wolkenlosem Himmel stecken wir mitten in einer Autoschlange, die im Sequoia National Park durch unzählige, teils sehr enge und steile Kurven in die Höhe kriecht. Die vielen schwarzen Baumriesen des verheerenden Waldbrandes von 2021 erschüttern uns zutiefst. Bei 4°C, 2.300 Hm, bewölktem Himmel und gefühllosen Fingerspitzen trotz Griffheizung reduzieren wir unser Besichtigungsprogramm drastisch, verzichten sogar auf den Besuch des "General Sherman Tree", den mit 2.500 Jahren geschätzt ältesten und voluminösesten Riesenmammutbaum der Welt. Auf dem Weg ins Tal bejubeln wir jedes zusätzliche Plusgrad. Erneut bedecken große Obstplantagen das Tal, erst in den steileren Berghängen löst das Gelb der vertrocknete Grassteppe das dunkle Grün der Obstbäume ab. Bei zunehmend brutalerem Wind finden wir bei Einbruch der Dunkelheit ziemlich erschöpft einen Zeltplatz in Oakhurst, wenige Kilometer vor dem Südeingang des Yosemite National Parks.
El Capitan ist ein gigantischer Granitmonolith im Yosemite National Park. Dessen längste Wand ist ca. 914 m hoch und eine der populärsten Felskletterrouten der USA. Die beliebteste und historisch berühmteste Route ist "The Nose" deren Erstbesteigung am 12. November 1958 nach 47 Tagen, verteilt über 17 Monate Warren Harding, George Whitmore und Wayne Merry gelang. 1994 bezwang Lynn Hill als Erste "die Nase" in freier Begehung. Ihre Leistung blieb fünf Jahre unangetastet. Am 3. Juni 2017 absolvierte der Vegetarier und Asket Alex Honnold die erste Free-Solo-Besteigung (allein, ohne technische Hilfsmittel und ohne Sicherung) des El Capitan über die "Freerider-Linie" in 3:56 (Dokumentarfilm: "Free Solo, 2018). Ein Versuch der „Huberbuam“, Alexander und Thomas einen neuen Rekord aufzustellen, ist Gegenstand des preisgekrönten Dokumentarfilms "Am Limit" von Regisseur Pepe Danquart, 2007. Die zwei Brüder verbesserten die Kletterzeit am 9. Oktober 2007 auf 2:45:45. Am 2. Juli 2008 wurde dieser Rekord von Hans Florine und Yūji Hirayama mit 2:43:33 unterboten und am 12. Oktober 2008 auf 2:37:05 verbessert. Der aktuelle Rekord von 1:58:07 wurde am 6. Juni 2018 von Alex Honnold und Tommy Caldwell aufgestellt. Üblicherweise benötigen selbst erfahrene Kletterer für diese Route 3-4 Tage. 1905 bis 2021 wurden beim Besteigen des El Capitan über fünfzig Todesfälle verzeichnet, darunter sehr erfahrene Kletterer. Wir: stehen fast andächtig am Fuße dieser mächtigen, ja furchteinflößenden Wand und beobachten mehrere Seilschaften, die bei strahlend blauem Himmel zum Gipfel streben. Es ist Herbst, die Sonne wärmt spürbar weniger und eine kalte Nacht mit 2-stelligen Minusgraden ist vorhergesagt.
Wir: stehen immer früher auf, um mehr Tageslicht zum Fahren zur Verfügung zu haben. Doch der Raureif im Zeltinneren benötigt Zeit, um aufzutauen. Und die Herbstsonne schwächelt spürbar. Selten können wir deswegen vor 10:00 aufbrechen. So auch an diesem Tag. Erneut werden wir mit wolkenlosem Himmel und einer kurvenreichen Straße belohnt. Unser fahrerischer Übermut ist spürbar, denn viele Autos weichen zur Seite, um uns Motorradfahrer vorbeiziehen zu lassen. Die Einstellung, "die Straße gehört mir" wie typisch für den "Verkehrskampf" in Deutschland, treffen wir in den USA und in Kanada sowieso deutlich seltener an. Auch im seit 1864 unter Schutz gestellten Yosemite National Park, der sich über Höhenlagen von 550 bis 3.900 Hm erstreckt, herrscht bereits Nachsaison und die beeindruckende Straße zum "Glacier Point" ist leider gesperrt. Der Ausblick über die schier unermesslich Weite der Sierra Nevada und zu den Monolithen Half Dome und El Capitan muss überwältigend sein. Angeblich soll auch der Tioga Pass, 3.031 Hm nach Lee Vining zum Mono Lake wegen Schneefalls nicht befahrbar sein. Staunend betrachten wir vom "Tunnel View Point" aus die glatten massiven Granitfelsen des El Capitan mit seinen über 70 Kletterrouten und erinnern uns an den spannenden Dokumentarfilm "Am Limit" mit den "Huberbuam" sowie den Half Dome, den der Fotograf "Ansel Adams" auf dem berühmten Bild “Monolith, The Face of Half Dome” verewigt hat. Wir genießen die wunderschöne, 13 km lange Fahrt in das Gletschertal "Yosemite Valley mit seinen Hainen aus Riesenmammutbäumen, die teilweise den klaren "Tuolumne River" begleiten, in vollen Zügen. Brigitte sammelt deren Samen ein und möchte wie König Wilhelm I. von Württemberg (1816–1864) Mammutbäume (in Nürtingen) ziehen- "Brigitte-Saat" statt "Wilhelma-Saat". Auf die Antwort meiner Frage, wie alt sie werden möchte, warte ich noch immer. Einige der umgebenden steilen Granitwände und rundgeschliffenen Felskuppen erheben sich mehr als 1,5 km über die Talsohle. Der 189 m hohe "Bridalveil Fall" tröpfelt um diese Jahreszeit unspektakulär vor sich hin, während er nach der Schneeschmelze wie ein Brautschleier mit gigantischen Wassermassen die Steilwand hinunterrauschen soll. Um den "Bridalveil Fall" ranken sich mehrere Mythen der amerikanischen Ureinwohner. Ein Mythos beschreibt "Pohono, Geist des aufbrausenden Windes", von dem angenommen wird, dass er die Wasserfälle verflucht hat und das Leben aller gefährdet, die sich dorthin wagen. Die "Ahwahneechee" Indianer glaubten, dass das Inhalieren des Wasserdunstes die Chancen bei der Partnersuche verbessern würde. Wir verzichten auf eine Besichtigung! Der Yosemite National Park ist vor allem für seine herrlichen Wanderungen, der einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt sowie die herausfordernden Bergbesteigungen bei den ca. 5 Mio Touristen pro Jahr sehr beliebt. Die Campingplätze im Park sind jetzt entweder ausgebucht oder bereits geschlossen. Wir müssen daher weiterfahren und oh Wunder, die Tioga Road (Highway 120), die sich sich durch die Hochgebirgslandschaften Yosemites schlängelt, ist doch geöffnet. Auch der Yosemite National Park ist von den Auswirkungen des Klimawandels stark betroffen: durch überhitzte Teile eines Katalysators, die mit der trockenen Vegetation auf einer Straße in Berührung kamen, wurde das mehr als einen Monat wütende "Feuer von Ferguson" ausgelöst, das im Juli 2018 392 km² Wald in und um den Yosemite National Park völlig zerstörte. Das Fahrzeug wurde nie identifiziert. So fahren wir viele Kilometer an verkohlten Baumleichen vorbei, bis wir den 3.031 m hohen Tioga Pass, den höchstgelegene Highway-Pass in Kalifornien und der Sierra Nevada erreichen. Auf dem Weg dorthin rutscht mir plötzlich das Vorderrad weg und ich bin selbst erstaunt über meine "akrobatischen Leistungen", mit denen ich mein Motorrad gerade noch abfangen kann. Wie "auf Eiern" setzen wir unsere Fahrt auf der insbesondere im Schatten der Bäume sehr rutschigen Straße fort und sind ziemlich erleichtert, als wir nach dem Gebirgspass ca. 900 Hm steil bergab, aber auf trockener Straße, unfallfrei ins schon dämmrige Lee Vining am Mono Lake rauschen können. Die angekündigten -11°C sind dann doch zu heftig zum Zelten, wir buchen uns in ein Motel ein und lassen den tollen Tag mit einem "Sturzbier" im örtlichen Diner ausklingen.
Wir: stehen früh an diesem herrlichen Morgen, zwar vor Kälte bibbernd, aber völlig einsam am Rande des Mono Lake und fotografieren bei perfektem Licht die bizarren Tuffspitzen, die aus dem tiefblauen Wasser des Sees herausragen. Der See wird von einer gigantischen Bergkulisse eingerahmt, über der drohend mächtige, linsenförmige Fönwolken schweben. Als wir durch die ca. 2.000 m hochgelegene Prairieebene fahren, stemmen wir uns mit deutlicher Schräglage gegen den extrem böigen Wind an und biegen gerne nach Westen in die schützenden Berge der Sierra Nevada ein. Der Highway 108 windet sich extrem steil, eng und kurvenreich über den 2.933 m hohen Sonora Pass und verbindet die Städte Bridgeport im Osten und Sonora im Westen der Sierra Nevada. Landschaftlich kann er mit der Tioga Road durchaus mithalten und fahrtechnisch ist er mit Steigungen von bis zu 26 % eindeutig anspruchsvoller. Wir blicken von weit oben in die steile, felsige Schlucht des ca. 1.400 m hoch gelegenen, fast leeren Stausees "Donell Lake", der Wasser für die Bewässerung von Ackerland liefert, Wasserkraft erzeugt und städtische Gebiete mit Wasser versorgt, wenn er durch die Schneeschmelze in den Monaten Mai bis Juli aus der Sierra Nevada ausreichend mit Wasser gefüllt wird. Das ist nicht mehr selbstverständlich, denn im Westen der USA herrscht seit mehr als zwei Jahrzehnten eine "Megadürre" und die Wasserstände der Stauseen schrumpfen zunehmend. Wir durchqueren Sonora mit seinem enormen historischen Charme wegen der vielen guterhaltenen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. In dem Städtchen wurden mit über 300 Filmen nach den Metropolen Los Angeles und New York die meisten Filmaufnahmen in der USA gedreht. Dann tauchen wir wieder über viele Kilometer in die uns schon vertraute, vertrocknete und hügelige Prairielandschaft ein. Wo stellen wir diese Nacht unser Zelt auf, diese Frage stellt sich uns jeden Tag spätestens am Nachmittag immer wieder aufs Neue. Auf der Karte entdecken wir einen See und dort finden sich meistens auch Zeltplätze. Das 31 km² große "Camanche Reservoir" ist ein künstlicher See im San Joaquin Valley mit vielfältigen Freizeitangeboten, das nach der ehemaligen Stadt Camanche benannt wurde, die heute unter seinen Gewässern liegt. Dort stellen wir unser Zelt auf dem menschenleeren Campingplatz direkt am See auf, dessen Saison in 5 Tagen enden wird. Was für ein Geschenk! Tiefgelb geht die Sonne am Horizont unter, auf dem See sammeln sich Heerscharen von laut quakenden Enten, die sich wie wir auf den Weg in den warmen Süden freuen. Trotz der früh einbrechenden Dunkelheit erleben wir bei angenehmen Temperaturen endlich wieder "Lagerfeuerromantik".
Der Mono Lake ist ein salzhaltiger Sodasee in Mono County, CA. Das Fehlen eines Abflusses führte dazu, dass sich im See hohe Salzkonzentrationen ansammeln, die das Wasser alkalisch machen. Das Ökosystem des Wüstensees basiert auf ca. 4–6 Billionen Artemia-Krebse pro Jahr. Zwei Millionen Zugvögel ernähren sich von den Krebsen sowie den Larven von Salzfliegen. Ab 1941 leitete Los Angeles Wasser aus den in den See fließenden Süßwasserbächen um, der Seespiegel fiel und gefährdete massiv die Nahrungsgrundlage der Zugvögel. Die über Jahrhunderte hinweg entstandenen bizarren Kalktufftürme sind daher heute über der Wasseroberfläche sichtbar und trockengelegt. Ein Rechtsurteil zwang die Stadt Los Angeles, den See seit Mitte der 90ger Jahre teilweise wieder aufzufüllen. Der Seespiegel lag 1941 bei 1.956 m, angepeilte sind 1.948 m ü.d.M..
Wir: wachen erstaunlicherweise in einem trockenen Zelt auf! Ich habe sehr unruhig geschlafen und frage Brigitte sofort nach dem Aufwachen, ob wir vor unserem Grenzübertritt nach Mexiko einen Kurzurlaub in Deutschland einschieben sollen? Sie stimmt meinem Vorschlag spontan zu. Wir ahnen nicht, welche weitreichenden Konsequenzen sich aus diesem Entschluss ergeben werden. Das Napa Valley mit seinem mediterranen Klima und den seit den 1960er-Jahren weltweit als sehr hochwertig anerkannten Weinen vor allem aus den Cabernet Sauvignon-, Zinfandel- und Chardonnay-Trauben lassen wir links liegen, nachdem wir ein Weingut besucht und dessen Preisliste studiert haben. 42.- USD für den günstigsten Wein, den wir auf dem Campingplatz so gegen 18:00 Uhr bei einbrechender Dunkelheit konsumieren? Wlan für die Flugbuchung ist heute wichtiger: wir leisten uns in Rohnert Park nicht nur ein Motel, sondern einen Besuch in einem als hochwertig angepriesenen italienischen Restaurant. Die weichgekochte Pasta in einer fettigen Weißweinmehlpampe mit gummiartigen Shrimps erinnern jedoch nicht ansatzweise an die von uns so geschätzte original "Spaghetti di Mare". Bis spät in der Nacht hängen wir an den Smartphones und buchen von Montag, 07.11.2022 bis Donnerstag 24.11.2022 Hin- und Rückflüge LA-Stgt-LA. Als die Buchung bestätigt wurde, stellen wir fest, dass wir ausgerechnet am traditionell wichtigsten Festtag "Thanksgiving" wieder in Los Angeles landen werden.
Wir: sind mit unseren Gedanken beim Heimflug. Das schwere Zelt und die voluminösen Matratzen sollen u.a. ersetzt werden. Wir müssen zukünftig noch mehr an Gewicht abspecken, da wir zunehmend offroad-lastiger unterwegs sein werden. In unseren Köpfen entstehen Listen, während wir überraschenderweise einen dichten Regenwald durchqueren. In die Schatten der hohen Bäume ducken sich kleine Häuschen, wer möchte dort im "Dunkeln" hausen? Kleine Sträßchen führen uns in die typisch bergige, grasbewachsene Küstenregion. Und dann liegt er vor uns: der hellblaue Pazifik mit seinen gewaltigen weißen Wellen und den schwarzen, schroffen Felsbrocken, den wir am 5. September in Tillamook verlassen haben. Nach knapp 11.000 km kreuz und quer durch die USA mit ihren wunderschönen Nationalparks stehen wir am weitläufigen, mit braunem Kies bedeckte Strand von Jenner, der auch bei Windsurfern ein populäres Ziel ist. So beeindruckend und faszinierend die vergangenen 52 Tage auch gewesen sind, wir fühlen uns plötzlich komplett ausgepowert. Unser Erlebnisspeicher ist übervoll, wir sehnen uns nach Sonne, Meer und Urlaub. Ja, Urlaub! Denn unsere Art des Reisens ist trotz unzähliger, einmaliger Erlebnisse oft mühevoll und anstrengend. Wir kennen kaum Routinen und der "Hafen" zum Ankommen ist täglich ein anderer. Jeder Tag muss neu, teils aufwändig organisiert werden. Unsere Arbeitswoche hat keine 5, sondern 7 Tage, wie Brigitte zu sagen pflegt. Stumm und in Gedanken verloren sitzen wir in der wärmenden Sonne am Strand, lauschen dem Meeresrauschen und wollen keinen Kilometer mehr fahren müssen. Doch herrliche 125 km Highway 1 entlang des Pazifiks bis zu unserem AirnB in San Franzisco lassen uns die mentale Erschöpfung kurzfristig vergessen. Von weitem ragen die roten Pfeiler der Golden Gate Bridge aus dem Dunst auf. Mit einer Gesamtstützweite von 1966 m und einer Höhe von 227 m galt die Golden Gate Bridge im Mai 1937 als längste Hängebrücke der Welt. Ihre Hängekonstruktion macht die Golden Gate Bridge sehr flexibel und erdbebensicher: maximal schwingt sie seitlich 8,40 m hin und her, 3,30 m nach unten und 1,77 m nach oben. Die treibende Kraft hinter dem Bau, Joseph B. Strauss, ließ ein Auffangnetz installieren, das abstürzende Bauarbeiter auffangen sollte. Dieses Netz rettete während der Bauphase neunzehn Arbeitern das Leben, die als „Half-Way-to-Hell-Club“ bekannt wurden. Die Golden Gate Bridge ist das Wahrzeichen der gesamten Bay Area und neben der Freiheitsstatue von New York das bekannteste Symbol für die Vereinigten Staaten. Vom "Point Diablo und Point Bonita" aus fotografieren wir das Meisterwerk der Ingenieurkunst, das bis heute täglich ca. 120.000 Fahrzeuge zur Überquerung der Bucht von San Francisco nutzen.
San Francisco ist mit ca. 815.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Kaliforniens und das Handels-, Finanz- und Kulturzentrum Nordkaliforniens. Joshua Abraham Norton (1811-1880) war Geschäftsmann in San Francisco. Er "nahm 1859 das „Zepter selbst in die Hand" und ernannte sich zum „Kaiser Norton I.“, dem “Emperor of These United States” und „Schutzherrn von Mexiko“. Obwohl er für in hohem Maße exzentrisch und skurril gehalten wurde, war er bei den Bürgern von San Francisco wegen seines Humors und seiner „kaiserlichen Erlasse“ sehr beliebt: Er druckte sein eigenes Geld und erließ zahlreiche Weisungen, u.a. den aufsehenerregendsten Befehl seiner 21-jährigen „unangefochtenen Herrschaft" zum Bau einer Brücken über die San Francisco Bay, der heutigen "Bay Bridge", die jedoch erst lange nach Nortons Tod errichtet wurde.
Wir: nächtigen in einer zu einem Zimmer umgebauten "Garage" in einem überwiegend von "Chinesen" bevölkerten Stadtteil, das mit dem Schnellbahnsystem "Bay Area Rapid Transit" ( BART ) in 15 min Fahrzeit an das Zentrum San Franciscos angeschlossen ist. Mit der aufladbaren Karte können alle öffentlichen Verkehrsmittel in der gesamten Bay Area genutzt werden- so einfach kann "ÖPNV" organisiert sein. Selbstverständlich poltern und rattern wir zuerst mit dem unter Denkmalschutz stehenden Cable Car über die steilen Hügel der Stadt und lachen über Szenen aus dem Film "What's Up, Doc?" mit Barbra Streisand und Ryan O'Neal. Es ist ist das letzte manuell betriebene Cable Car System der Welt und eine Ikone "Friscos", das jährlich knapp 10 Mio. Menschen begeistert. Kurz erklärt ist ein 3 cm dickes Endlos-Stahlkabel, das von insgesamt 4 Motoren mit jeweils 510 PS angetrieben wird, mit einer Geschwindigkeit von ca. 16 km/Std. ständig in Bewegung. Die Cable Cars sind mit "Greifzangen", die den Wagen mit dem Seil verbinden und vom Seil lösen sowie "Schienenbremsen", deren Holzklötze den Wagen abbremsen, ausgerüstet, die vom "Gripman" bedient werden. Der "Bremser" aktiviert die Radbremsen am hinteren Drehgestell mittels einer Kurbel am Wagenende. Gripman und Bremser verständigen sich über zwei Glocken. Seit 1998 gibt es auch "Gripwomen". Von den ursprünglich 23 Seilbahnlinien, die zwischen 1873 und 1890 errichtet wurden, sind nur noch drei übrig. San Francisco ist auf und zwischen insgesamt 7 Hügeln gebaut. Wir laufen uns die Hacken wund und "besteigen" für einen ersten Überblick auf die Stadt und über die Bay Area die steile "Filbert Street" mit ihrer 31,5 % Steigung bis hinauf zum "Telegraph Hill" mit seinem 1933 erbauten, 64 m hohen "Coit Tower". Durch die engen Serpentinen der ursprünglich 27% steilen "Lombard Street" schlängelt sich seit 1923 alles, was mindestens 1 Rad besitzt. Im "Huntington Park" lauschen wir den Big Band Klängen der US Air Force zusammen mit den vielen Hundebesitzer aus der Nachbarschaft, deren Vierbeiner übel riechende Tretminen in dem gepflegten Rasen verstecken. Für unsere Augen (und den Tierschutz?) sehr fragwürdige kulinarische, oft noch lebendige Highlights entdecken wir in Chinatown, wo noch immer fast ausschließlich kantonesisch und Mandarin gesprochen und gekocht wird und maskentragende Chinesen im dichten Gewühle in den Kräutershops, Fisch- und Gemüseläden einkaufen. Die 1850 gegründete Chinatown ist das größte chinesische Wohnviertel außerhalb Asiens mit schätzungsweise 80.000 Menschen chinesischer Abstammung (ca. 10% der Einwohnerzahl San Franciscos). Wir genießen die romantische Atmosphäre in der Stockton Road bei Dunkelheit, wenn die gelben und roten Lampions mit den grellen Reklametafeln um die Wette leuchten. Brigitte beschließt, vorerst auf chinesisches Essen zu verzichten. Am Tag Zwei drehen wir bei blauem Himmel und angenehmen Temperaturen die 2-stündige Tour mit dem Hop On/Hop Off Bus. Auf Busrunde 2 bestaunen wir das berühmte Fotomotiv der "Painted Ladies", ein Straßenzug aus viktorianischen, mehrfarbig gestrichenen Wohnhäusern aus dem 19. Jh., in denen früher Spielhöllen und Bordelle untergebracht waren. Noch während wir fotografieren, verschwindet der Financial District am Horizont in dichtem Nebel, starker Wind kommt auf und innerhalb weniger Minuten fallen die Temperaturen spürbar. Das Stadtviertel "Haight Ashbury" war in den 60er-Jahren bekannt für LSD, Marihuana wilde Partys und die Flower Power-Bewegung. Bunte viktorianische Häuser und farbige, oft skurrile und witzige Wandbilder prägen das Viertel mit seinem charmanten Flair noch heute, Second- Hand-Läden und Vintage-Boutiquen sowie kleine Bars und Cafés beherrschen die Erdgeschosszonen. Neben Alt-Hippies und Punks bestimmen (zu)viele Obdachlose das Straßenbild. Nebelfetzen jagen über "The Haight", uns ist kalt. Doch der Bus transportiert uns erneut unerbittlich über die zugige Golden Gate Bridge, deren Masten nur noch schemenhaft im Nebel auszumachen sind. Das Hafenviertel "Fisherman’s Wharf" ist nach italienischen Fischern benannt, die im späten 19. Jahrhundert in die Stadt siedelten. Bis zu den 70er Jahren wurde der Fisherman’s Wharf ausschließlich als Fischermarkt und Frachtschiffhafen genutzt. Wir tauen zwischen den fröhlichen, unbeschwerten Tänzchen der "Latinos" langsam wieder auf, die am Straßenrand ihre "Cocktails" aus XXXL-Flaschen mischen und selbst keine schlechten Kunden zu sein scheinen. Obwohl das Viertel zu den beliebteste Sehenswürdigkeiten San Franciscos gehört, waren wir über die heruntergekommenen Fassaden und den Schmutz doch überrascht. Schon von weitem riecht man sie: die Hunderte von Seelöwen auf Pier 39, die an den Bootsanlegestellen kreuz und quer übereinander liegen oder kleine Kämpfchen untereinander austragen. Pier 39 mit seinen billigen Souvenir Shops ist nicht unsere Welt. Stattdessen entdecken wir im 1898 eingeweihten "Ferry Building" am "The Embarcadero" eine auch architektonisch beeindruckende Markthalle mit eleganten, aber auch sehr teuren Bio-Läden und Feinschmeckerrestaurants. Die Sonne versinkt blutrot hinter den Skyscrapers des Financial Districts. In den 2 Tagen haben wir viele Kilometer zurückgelegt und dabei weltoffene, unkonventionelle und tolerante "San Franciscans" gespürt. Doch auch die negative Seiten dieser begeisternden Stadt fallen unübersehbar ins Auge: Die Trottoirs z.B. am "The Embarcadero" zwischen Fisherman’s Wharf und Ferry Building sind mit Zelten zugestellt. Geschätzte 20.000 verwahrloste, teils psychisch kranke Menschen, Drogensüchtige, dazu der beißende Geruch von Urin prägen wie selbstverständlich ebenfalls das Straßenbild. Ein wie in Deutschland vergleichbares soziales Auffangnetz fehlt komplett. Lange Schlangen vor den wenigen Suppenküchen zeigen, wie dringend Auswege aus dieser sich verschärfenden Krise gefunden werden müssen, die u.a. durch fehlenden bezahlbaren Wohnraum sowie billiges, überall erhältliches Crack entstanden ist. Drogendelikte, Einbrüche oder Diebstähle gehören zwischenzeitlich wie selbstverständlich zum Alltag. Auch wir fahren bei Einbruch der Dunkelheit zurück in unsere sichere "Garage".
Der Pacific Coast Highway No.1 schlängelt sich nördlich von San Francisco ab Leggett über 1000 km der kalifornischen Pazifikküste entlang und endet südlich von Los Angeles in Dana Point. An ihr reiht sich alles aneinander, was Südkalifornien -„SoCal“- so ausmacht: Surffreaks und Küstenberge, Redwoodbäume, ausgefallene Strandstädte und weitläufige Vororte, alte spanische Geschichte und moderne Megastädte. Die Küstenstadt wurde u.a. durch John Steinbecks "Straße der Ölsardinen" berühmt. Das kleine, aber edle und teure Carmel-by-the-Sea wurde durch seinen Bürgermeister "Clint Eastwood" (1986-1988) weltbekannt. An der Küste von "Piedras Blancas" kämpfen Elefantenbullen so groß wie Minivans um ihr Territorium, während die Weibchen ihre rundlichen, zigarrenförmigen Welpen aufziehen. Der schönste Abschnitt verläuft von Monterey nach Santa Barbara.
Wir: ruckeln im Schneckentempo auf Highway 82 über 60 km durch die Vororte von San Francisco nach Sunnyvale, eine "Grüne Welle" ist nicht zu erkennen. Nervig! In diesen Ballungsräumen sehnen wir uns häufig nach den einsamen Straßen Kanadas zurück und ahnen glücklocherweise noch nicht, wie häufig wir in den nächsten Tagen im Stau der Metropolregion Los Angeles stecken werden. An Frederiks Adresse, einem ehemaligen Arbeitskollegen meines Cousins Christian aus Vancouver, durften wir in den letzten Monaten Pakete mit Ersatz- und Austauschteile senden, u.a. das in Estes Park vom Schwarzbär zerbissene Topcase oder das von Krähen zerhackte Kartenfach meines Tankrucksacks. In San Gregorio treffen wir wieder auf Highway 1. Der Himmel ist bewölkt, die Küste ist im stärker werdenden Nebel kaum mehr auszumachen. Und dann stecken wir mit schmerzenden Kupplungsfinger nahezu eine Stunde im nächsten Stau. Wir sind frustriert, buchen uns ein Motel in Monterey und legen einen Ruhetage ein. Unser bis dahin nur durch E-Mails bekannter Freund Danny von Irv Seaver BMW muntert uns auf: er wird uns die Motorräder am Freitag nach Thanksgiving aus der wegen Betriebsferien geschlossenen Werkstatt aushändigen, er hat uns ein Zimmer für die gemeinsame Ausfahrt am kommenden Wochenende in einer Lodge gebucht, wir dürfen von Sonntag auf Montag bei ihm und seiner Frau Elaine nächtigen und die beiden fahren uns am Montag, 07.11. zum Flughafen. Nach so vielen positiven Nachrichten verschmerzen wir, dass der berühmte, private und gebührenpflichtige "17 Miles Drive" mit einer Vielzahl an interessanten Aussichtpunkten für Motorräder gesperrt ist. Schade, dass es kurz nach dem hübschen Städtchen Carmel-by-the-Sea mit seinen traumhaften Villen zu regnen beginnt. Wir ahnen, warum Highway 1, der sich entlang der relativ isolierten und dünn besiedelten Küste schlängelt, als eine der schönsten Traumstraßen der Welt gilt. Nach jeder Kurve überraschen uns neue dramatische Landschaften, zerklüftete und gebirgige Regionen, die an herrliche Sandstrände angrenzen, Regenwald um "Big Sur Village" und wilde Felsklippen, an die die Wellen des Pazifiks peitschen. Dazu eine kurvige Straße vom Feinsten, die wir wegen des regennassen Belags leider nur bedingt auskosten können. Als die Landschaft flacher wird, lässt auch der Regen nach. Wir bestaunen an der Küste von "Piedras Blancas" die massigen, aber übel stinkenden Seeelefanten. Im für seine schönen Strände sowie dem vulkanischer Hügel "Morro Rock", bekannten Morro Bay stellen wir unser Zelt auf. Nach exakt 6 Monaten und 33.000 km zum letzten Mal, wie wir am darauffolgenden Morgen beschließen, während die wegen Taus tropfnasse Zeltplane in der Sonne trocknet. Wir durchqueren riesige landwirtschaftlich genutzte Flächen und passieren rechts der Straße einen mondänen Golfplatz, während links gegenüber Dutzende von (mexikanischen?) Arbeitern über Gemüse buckeln. Diese so offensichtlichen sozialen Gegensätze sind für uns schlichtweg "gewöhnungsbedürftig". Santa Barbara mit seiner historischen Architektur im spanischen Kolonialstil liegt zwischen den steil aufragenden Santa Ynez Mountains und der "kalifornische Riviera" des Pazifiks. Obwohl die kultige TV-Serie "Baywatch" in Malibu verortet ist, phantasiere ich von weißen, mit Palmen besäumten Sandstrände mit muskelbepackten Bodybuildern und kurvigen Sexbomben im knappen Bikini. Doch die Realität präsentiert sich ernüchternd anders: bei kühlen (?) 16°C tuckern wir auf Highway 1 Richtung Manhattan Beach an diesen wunderschönen, aber nahezu menschenleeren Stränden vorbei, wenn man von den coolen, neoprengeschützten Kitesurfern absieht, die im böigen Wind die hohen Wellenkämme "reiten". Tja, dass die Wirklichkeit deckungsgleich mit unserem Kopfkino ist, haben wir auf unserer Reise selten erlebt. Genau das macht unser improvisiertes Reisen aber auch so spannend: Wir wähnen uns schon im Motel: doch ca. 25 km vor Manhattan Beach bricht der Feierabendverkehr total zusammen. Nichts geht mehr! Nahezu zwei Stunden später erreichen wir völlig entnervt und kaputt bereits im Dunkeln unser "Zimmer mit Aussicht": in einen Lichtschacht- dafür mit sicherer Tiefgarage. Wenigstens ein Mal wollen wir am "Beach" chillen! Nicht umsonst gilt Manhattan Beach als Eldorado für Beachvolleyball und Surfen. Dutzende von in Reih und Glied aufgereihte Beachvolleyballfelder warten auf "Kundschaft", nur wenige Sonnenanbeter bevölkern den über 3 km langen Strand. Überwiegend gediegene Männer mittleren Alters, in modisch schwarzem Neoprene gehüllt, die wir mitten am (Freitag-)Tag eher bei der Arbeit vermuteten, transportieren ihre farbigen Surfbretter mit dem Elektrorad nahezu klimaneutral zum Strand, um ins kühle Nass einzutauchen und auf die "Monsterwelle" zu warten. Vom 283 m in den Pazifik ragenden Manhattan Beach Pier aus beobachten wir Delfine, die lässig mit den Surfern durchs Wasser gleiten. Mit Grundstückspreisen zwischen 35-40.000 USD/m² weist Manhattan Beach die teuersten Immobilien in den USA entlang des Strandweges auf. Nicht weniger hochpreisig sind die auf den steilen Hügeln der "Hill Section" errichteten Wohnhäuser mit ihren gigantischen Panoramablicken über den Pazifik und den wunderschön angelegten blühenden Gärten. Kalifornien ist in seiner Wasserversorgung vom Schmelzwasser der Sierra Nevada abhängig. Die Tendenz zur Zuwanderung und damit die Wassernachfrage steht konträr zum Klimawandel mit höheren Temperaturen und geringeren Schneehöhen. Wasserknappheit herrscht überall sichtbar schon heute. Augen zu und durch? So zauberhaft diese bewässerten Gärten auch sind: wegen der zahlreichen nahezu leeren Wasserspeicher, den riesigen verbrannten Waldgebieten oder den vertrockneten Landschaften, die wir teils fassungslos auf unserer bisherigen Reise erlebt haben, wäre ein vorbildhafter Bewusstseinswandel insbesondere bei den Reichen (und den Verantwortlichen?) notwendiger denn je! Wir nehmen die letzten 60 km bis Orange,CA, unserem vorläufig letzten Ziel in der USA, unter die Räder. Und stehen am helllichten Tag im dritten Riesenstau in Folge. Wir nutzen die Zeit und überlegen, wie wir unser Gepäck neu organisieren: was bleibt in den Alukisten und Taschen an unseren Motorrädern bei Irv Seaver, BMW, was kommt mit nach Deutschland und wird umgetauscht oder entsorgt? Zwischen leeren Pizzaschachteln türmen sich diverse Häufen und wir fragen uns bis tief in die Nacht hinein, was wir wohl alles vergessen haben?
Wir: zelten am 23./24.09. nahe Gunnison, Colorado das erste Mal bei Minusgraden. Gemeinsam mit den "Leidensgenossen" Jim und Martha Elder, einem sehr netten Pärchen aus CA, genießen wir unseren morgentlichen Kaffee und warten darauf, dass die Zelte abtrocknen. Sie empfehlen uns "Irv Seaver BMW Motorcycles" in Orange,CA als "gute Schrauber". Am 22.10. vereinbaren wir einen Servicetermin mit dem dortigen Service Manager Greg Shepard. Am 27.10. teilt uns Greg mit, dass die Werkstatt von Thanksgiving bis darauffolgenden Dienstag Betriebsferien habe. Am 30.10. erreicht uns eine Mail von Danny Wassenaar, dem Besitzer von Irv Seaver: "ob er uns helfen könnte"? Er wusste nichts von dem bereits vereinbarten Servicetermin. "Ja, das könnte er: uns die Motorräder am Freitag nach Thanksgiving herausgeben". In den darauffolgenden E-Mails kommen wir uns immer näher. Samstag, 5. 11., 8:00 Uhr: Wir melden unsere 2 Motorräder bei Irv Seaver BMW Motorcycles zum Service und Reifenwechsel an. Knapp 40 Mitglieder des "South Coast BMW Riders Club" sammeln sich zur Samstagsausfahrt, darunter Danny und seine Frau Elaine. Danny begrüßt uns mit den Worten: "we seem to have known each other for a long time"! Von der ersten Sekunde an stimmt die Chemie zwischen uns. Die beiden zeigen uns das landschaftlich abwechslungsreiche und teils sehr kurvige Hinterland San Diego´s. Gemeinsames Ziel ist der Landgasthof "Farmhouse78" in Ramona. Unsere neu gewonnenen Motorradfreunde des Clubs nehmen uns sehr herzlich in ihre Runde auf und füttern uns mit hilfreichen Kontakten für die Weiterreise nach Mexiko und Zentralamerika.
Zusammen mit Steve und Janet kurven Danny, Elaine und wir ins 1.300 m hohe, teils schneebedeckte Mount Laguna, wo wir Sechs in der gleichnamigen Lodge am Kaminfeuer mit einem Cabernet Sauvignon aus dem Napa Valley einen inspirierenden und lustigen Abend verbringen. Nach einem herzhaften Frühstück in Julian bewundern wir die Gegensätze zwischen herbstlichen Wäldern und Bergwiesen des "Palomar Mountain State Parks" im nördlichen San Diego County und der wüstenähnlichen Landschaft um Borrego Springs. Über die kurvenreichen "Palomar Mountains" erreichen wir nach knapp 400 km Danny´s und Elaine´s Zuhause. Wir schauen uns Alex Rins MotoGP Sieg (Suzuki) auf dem "Circuit Ricardo Tormo" in Valencia an und entdecken viele weitere Gemeinsamkeiten. 07.11.: Unsere neuen Freunde begleiten uns bis zum Flughafen.
Projekt: Die saubere und trockene Luft in der Andenregion mit Sonnenenergiewerten von täglich 5,5-6,5 kWh/m² ist prädestiniert zur Herstellung von Sonnenenergie. Dennoch wird in Peru Primärenergie zu 79,4% durch fossile Brennstoffe erzeugt. Unser Projekt unterstützt die "Johannes Gutenberg Schule" in Huanta, die zukünftig ca. 85% ihrer elektrischen Energie durch eine Photovoltaikanlage abdecken will. Beispielhaft, öffentlichkeitswirksam und zukunftsorientiert wird die Umsetzung der Stromerzeugung weg von fossilen Brennstoffen und hin zu sauberer Photovoltaikenge in enger Zusammenarbeit mit der nationalen Universität Huanta (UNAH) und der Universität von Ayacucho (UNSCH) aufgezeigt.
Wir bitten um Eure Unterstützung unseres Projekts: in den "reichen" Ländern Kanada und USA erlebten wir die unübersehbaren Folgen der Klimakrise hautnah: Unzählige verheerende Waldbrände, u.a. tausende verkohlter Baumleichen der über 2.000 Jahre alten Mammutbäume im Sequoia und Yosemite National Park. Heftige Sturzfluten und zerstörerische Überschwemmungen im Death Valley. Ein quasi ausgetrockneter Colorado River wegen zu geringer Schneeschmelzen und zunehmender Verdunstung. Katastrophale und unübersehbare Tiefstände der Wasserreservoirs. Megadürren durch fehlende Niederschläge und Extremtemperaturen, etc. Sichtbare Verhaltensänderungen wegen der Klimakrise haben wir im Alltag der Nordamerikaner kaum wahrgenommen, dafür immerhin eine politisch äußerst polarisierende Debatte über das Für und Wieder zur Reduzierung von Treibhausgasen. Chancen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, gibt es (noch). Unser Projekt "Johannes Gutenberg Schule" in Huanta, Peru wird die Welt nicht retten. Aber es könnte als Vorbild dienen in einer Region, die aufgrund ihrer geografischen Eigenschaften durch extreme Wetterereignisse, unregelmäßige Niederschläge, große Temperaturschwankungen und das Abschmelzen der Andengletscher besonders hart von der Klimakrise betroffen ist. Jeder noch so kleine Beitrag hilft. Vielen herzlichen Dank!!!
Wir bedanken uns herzlich für Eure Unterstützung : den Mitarbeiter/innen des Architekturbüros w.s.a in Stuttgart, Jochen N., Elke M., Klaus und Uta H. (2x), Jürgen und Sabine H. (2x), Rotaryclub NT-KI, Beate B-D. (2x), Rotary Club NT-KI, Jörg W., Wurster Bauunternehmung, Wilhelm C., Claus E., Steffen F., Ursula W., Jürgen B., Elisabeth R-M.. Spendenstand 12/22: 6.991,00 Euro
"Driving home for Christmas"? Keineswegs! Die vollgepackte Agenda für 2,5 Wochen Heimat sieht vor: meine 94-jährige Mutter und unsere Kinder wiedersehen, Freunde treffen, Equipment optimieren, Gesundheit checken. Der angedachte Zeitrahmen ist mehr als ambitioniert. Am 08.11. erwartet uns Sigrid freudestrahlend am Flughafen Stuttgart, unser Freund und rotarischer Präsident Jürgen leiht uns großzügig einen schnittigen 4-rädrigen BMW. Die Koffer für den Rückflug am 24.11. sind gepackt, als die Laborwerte ein erhöhtes PSA ("Prostata-spezifische Antigen"- ca. 1,5 auf 1,97) anzeigen. "MRT"?-bis Frühjahr 2024 sind wir unterwegs. Ein Herdbefund bestätigt mein Bauchgefühl. Dank seiner Überzeugungskraft organisiert mein Freund und Arzt Wilhelm wenige Tage später Gespräch und Biopsie im Stuttgarter Diakonie-Klinikum: Krebs im Frühstadium, Gleasonscore: 6, OP!!!
An einem Prostatakarzinom versterben bei ca. 60.- 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr ca. 12.-14.000 Männer jährlich in Deutschland. Es ist mit 22,7% die häufigste Krebserkrankung von Männern. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 71 Jahren. Als wichtigste Faktoren für die Erkrankung gelten Alter und die familiäre Veranlagung. Jeder zweite Mann geht regelmäßig zum Arzt, etwa jeder dritte gar nicht und nur jeder zehnte schützt sich mit einer Krebsvorsorge. Jeder Mann ab dem 45. Lebensjahr hat Anspruch auf eine jährliche Krebsfrüherkennung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat sich gegen den PSA-Test als Kassenleistung wegen der "Gefahr von Überdiagnosen und unnötigen Therapien" entschieden.
Die radikale Prostatektomie wurde von Prof. Dr. med. Christian Stief, Direktor des Urologie Klinikums Großhadern durchgeführt. Wenige Tage vor Weihnachten denke ich an die hektischen Tage zurück: 08.12., 09:45 Uhr: Freund und Oberarzt im Diakonie-Klinikum Kai mailt mir den Biopsiebericht zu. Wenige Minuten später versende ich vier vorgefertigte Anfragen mit der Bitte um einen zeitnahen Operationstermin. 11:31 Uhr: Antwort von Prof. Stief: "Kümmere mich. Melde mich asap". Später Nachmittag: Anruf Prof. Stief: "OP nächste Woche, exakter Termin folgt morgen gegen 08:00 Uhr, ich bin leidenschaftlicher Motorradfahrer". 09:12., 07:47 Uhr: "Stationäre Aufnahme zur "rPx" für den 13.12. bestätigt. 14.12., 10:00 Uhr: OP Termin.
Wir: Zwei haben bange Zeiten miteinander durchlebt. Wie aggressiv ist der Krebs, in welchem Stadium befindet er sich? Ist unsere Reise damit beendet? Wenn ja, was dann? Wenn nein, wann könnte es weitergehen? Gebetsmühlenartig wurden diese und viele anderen Fragen wieder und wieder aufgeworfen, das Internet zum Thema Prostatakarzinom orakelmäßig durchsucht und eine Vielzahl an Zukunftsvarianten durchgespielt. Ist am Ende der spontane Heimflug "Karma", Schicksal oder durch die Früherkennung reines Glück? Eine tiefe Dankbarkeit erfüllt uns, wenn wir an die unglaubliche Unterstützung und die unfassbar vielen Genesungswünsche denken, die mir, die uns in dieser schwierigen Zeit so viel Mut gemacht haben. Unser ganz besonderer Dank für ihr persönliches Engagement gilt: Sigrid, Jürgen, Wilhelm, Christof, Detlef, Kai, Prof. Stief und seinem motivierten Team sowie in den USA Elaine, Danny und Greg. Wird sich unsere Art des Reisens nach diesen intensiven emotionalen Erfahrungen verändern? Sicher ist, wir brechen wieder auf... Und Männer: seid keine Feiglinge, sondern betreibt aktiv Eure Gesundheitsprävention! Bevor es zu spät ist!
Wir wünschen Euch allen ein fröhliches Weihnachtsfest und ein friedvolles und gesundes Jahr 2023
Epilog: 22.12. Entlassung aus Klinikum Großhadern, 1. Harnverhalt (Unfähigkeit, die Blase zu entleeren- extrem schmerzhaft) hinter Augsburg, Katheter bis 05.01.23.. 04.- 06.01. Stationärer Aufenthalt im Klinikum. 05.01. 2. Harnverhalt . 08.01. 3. + 4. Harnverhalte. Notfallaufnahme Diakonie-Klinikum Stuttgart: Entdeckung eines "Hautlappens". 09.-12.01 Stationärer Aufenthalt in Großhadern. Diagnose: "Blasenauslassverlegung durch Nahtmaterial". 10.01. "TUR A und Nahtmaterial Resektion" = 2. OP zur Entfernung des "Hautlappens". 16.01. Katheterzug. 27.02. 3.OP: "TUR A und Nahtmaterial Resektion". 2.03. Katheterzug. 13.03-03.04. Reha in Hartensteinklinikum Bad Wildungen. Fazit: 5 Wochen Kathetertragzeit, 4 Harnverhalte, 3 zusätzliche Klinikumsaufenthalte, 2 zusätzliche OP's, 3 Wochen Reha. Verschiebung der Rückreise nach L.A. auf Herbst '23.
Unübersehbare Folgen des Klimawandels: ein "atmosphärischer Fluss", der Feuchtigkeit vom Pazifik heranzog, setzt mit Unwetter, Überflutungen, Schnee und extremer Kälte dem Süden Kaliforniens zu. Der "Golden State" wird zum Katastrophenfall erklärt. Der Jahreswechsel 22/23 ist in D mit über 20 Grad der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Schneemangel in den Bergen...
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